Suizid in der Arbeitshölle

Die Arbeitsbedingungen bei der taiwanesischen Firma Foxconn, die in China produzieren lässt, müssen höllisch sein, einen Leidensdruck erzeugen, der so groß ist, dass sich in diesem Jahr bereits der 10.Mitarbeiter das Leben nahm. Dabei muss man wissen, dass es in der asiatischen Kultur als Schande gilt, wenn man den erwarteten Anforderungen nicht gerecht wird, gleichbedeutend mit einem Gesichtsverlust, der nicht selten im tragischen Suizid sein Ende findet.

Ein 19jähriger Mitarbeiter hat sich am Dienstag vom Dach des Produktionsgebäudes gestürzt. „Ich hab keine Fähigkeiten. Ich bekomme, was ich verdiene“, zitiert die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua aus dem Abschiedsbrief.


Fatal, dass sich der 19-jährige Arbeitnehmer vor seinem Freitod sogar noch selbst die Schuld gibt, dabei übersteigen die brutal hohen Anforderungen bei diesem Weltkonzern häufig die menschliche Leistungsgrenze. Der Umgang mit den eigenen Angestellten macht diese zu Billiglohnsklaven, sie müssen sich fühlen wie die Insassen eines Zwangsarbeitslagers. Bei Wikipedia erfährt man mehr über Foxconn:

Foxconn ist der Name, unter dem das taiwanische Unternehmen Hon Hai Precision Industry Co., Ltd. (chin. 富士康國際控股有限公司, kurz chin. 富士康, Fù Shì Kāng) auf dem Markt auftritt. Das Unternehmen wurde 1974 von Terry Gou als Hersteller von Kunststoffprodukten gegründet. Seit 1991 ist das Unternehmen an der Taiwanesischen Börse notiert.

Foxconn ist einer der größten Hersteller von Elektronik- und Computer-Teilen weltweit. Als Auftragshersteller produziert die Firma u. a. den Mac mini, den iPod Nano, das MacBook Pro, das MacBook Air, das iPhone und das iPad für Apple. Auch produziert der Konzern alle Rechner für die amerikanische Computerfirma Dell. Weitere Produkte sind die Sony-PlayStation und Mobiltelefone namhafter Anbieter. (Hervorhebungen von mir)

Inzwischen rennen in Deutschland die Konsumzombies den Apple-Stores die Buden ein, um ein masslos gehyptes und überschätztes iPad möglichst als erste zu ergattern, ohne auch nur für einen Sekundenbruchteil einen Gedanken daran zu verschwenden, in welcher Produktionshölle es gefertigt wird. Wobei ich an dieser Stelle anmerken muss, dass ich kaum in der Position bin, mit dem moralischen Zeigefinger auf Apple-User zu zeigen, denn mit hoher Wahrscheinlichkeit besitze auch ich ein Elektronikgerät in dem sich Bauteile aus fernöstlichen Arbeitshöllen befinden, die man euphemistisch als „unsere Werkbänke“ bezeichnet. Jeder, selbstverständlich auch ich, insbesonders aber der „Geiz-ist-geil-Käufer“, kann, nein muss sich fragen, woran es liegt, dass beispielsweise ein DVD-Player schon ab 39 Euro zu haben ist und der Hersteller selbst dann noch Gewinn macht.

Der Elektronikgigant Foxconn zieht nun „Konsequenzen“ und „kümmert“ sich nun um seine Mitarbeiter. Das Nahliegende wäre, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, aber was nun folgt macht mich fassungslos und ist an zynischer Menschenverachtung kaum zu überbieten. Die Firmenleitung schrieb an die Angestellten und verlangt eine Verpflichtungserklärung:

„Ich verspreche, mich oder andere niemals in einer extremen Form zu verletzten“, heißt es in der Erklärung. Mit ihrer Unterschrift erklären sich die Beschäftigten einverstanden, dass die Firmenleitung sie „zum eigenen Schutz und dem anderer“ in eine psychiatrische Klinik zu schicken, sollten sie in einer „anormalen geistigen oder körperlichen Verfasssung sein“. Gebäude des Unternehmens sind seit Mittwoch mit Netzen verhängt, um weitere Selbstmorde zu verhindern.

Mit welchen Sanktionen kann man einem Menschen noch drohen, der bereits beschlossen hat, sein Leiden mit dem Freitod zu beenden? Klar ist jedenfalls, dass man nur um das Image der Firma besorgt ist, Menschenleben sind irrelevant, bestenfalls der Verlust von „Humankapital“.

Schämen muss sich einzig und allein die Führungsetage bei Foxconn, also jene die unmittelbar für diese miesen Arbeitsbedingungen verantwortlich sind, sogar davon profitieren und nicht die Arbeiter, die am schnellen Fließband zu seelenlosen Arbeitsrobotern degradiert werden, dabei auf Dauer vernutzt werden, sich am Ende seelisch und körperlich ausgebrannt selber nutzlos fühlen. Der Geschäftsleitung sollte Nahe gelegt werden, ihre Schande einzugestehen und eventuell selbst erwägen nach asiatischer Traditon die Konsequenzen zu ziehen und mit dem Jenseits fusionieren,…

Quellen:
taz: Freitod verboten
taz: Die dunkle Seite des iPad

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15 Kommentare zu “Suizid in der Arbeitshölle

  1. sehr gut, wie du die widersprüche dargestellt hast. ich frage mich, warum die unternehmen (apple, sony) sich keinen deut darum scheren, unter welchen produktionsbedingungen ihre highmachenden gadgets hergestellt werden. das müßte doch eigentlich zu einem imageschaden führen, wie ihn bp gerade durch die ölpest erleidet. ist unser ökologisches gewissen stärker als unser soziales? ich meine, warum sollen wir konsumenten bp boykottieren, apple und sony aber nicht? weil die menschlichen verluste in fernasien uns nicht tangieren? wie können wir die unternehmen dazu bringen, das zu ändern?

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  2. Das gleiche Problem wie in der Ölpest: die Masse findet es schlimm und die Masse könnte etwas dagegen tun. Aber bitte erst nach den Simpsons. Ach nee, dann kommt Gaileo. Wie wär’s am Abend? Ah fuck, da kommt der Blogbuster. Dann machen wir das halt morgen, oder so.

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  3. Momentan wird die Luft für Apple-Nutzer ohnehin arg dünn. Nicht nur dieses Beispiel gibt einem zu denken. Im ZDF lief jetzt ein Bericht über den „Diktator“ Steve Jobs, weshalb ich mich auch etwas schwer tue, einen Piraten mit Macbook noch ernstzunehmen, wenn er gegen Zensur wettert…

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  7. Sehr gut, dass du auf diese Einzelfälle auch im Einzelnen hinweist. Sehr gut hast du diesen einen nun auch dargestellt. Dein Urteil gefällt mir auch sehr gut. Was soll ich noch hinzufügen? Ich bin nicht schockiert, weil das „nur“ ein Extremfall des Kapitalismus ist. Dass es so weit kommen kann, ist den meisten in der schönen neuen Welt gar nicht klar. Sie sprechen von der freien Marktwirtschaft, Chancen für… nein, nicht alle, sondern lediglich Banker, Spekulanten, Unternehmer, Sklaventreiber, Menschenverachtende, Großkapitalisten, Bourgeois und andere Systemprofiteure. Schön ist diese Welt sicher nicht. Und dann muss man auch noch antikommunistische, offiziell aber demokratische (Kapitalismus und Demokratie, eine deprimierende Kombination) Öffentlichkeiten ertragen.

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    • „Und dann muss man auch noch antikommunistische, offiziell aber demokratische (Kapitalismus und Demokratie, eine deprimierende Kombination) Öffentlichkeiten ertragen.“

      Moment mal. Willst Du damit jetzt sagen, dass der Kommunismus in irgend einer Art besser ist?

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  8. Auch das. Wollen wir uns auf eine Debatte über die Theorie des Kommunismus einlassen? Vielleicht wäre das zu viel für diesen Platz hier, schreib mir am besten per E-Mail (siehe zementblog.de/impressum).

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  9. @Wortfeile

    Danke.
    Das Traurige dabei ist, dass die Firmen, die in Fernost produzieren lassen, sich ausschließlich um ihren „PR-Schaden“ sorgen. Für die Menschen die in diesen Arbeitstätten vernutzt werden, scheint sich dagegen niemand zu interessieren. Apple kündigte zwar einmal mehr an, die Arbeitsbedingungen dort zu untersuchen, aber ich halte das für ein Lippenbekenntnis um den Imageverlust zu begrenzen, denn diese Ankündigung gab es schon vor Monaten, geändert hat sich nichts, leider.

    @Moritz
    So siehts aus. Ob Fair-Trade-Siegel auch bei Elektronikprodukten wenigstens etwas ändern würden?

    @Jan + Sören
    Nichts da, die Kommunismus/Kapitalismus-Debatte muss öffentlich von Euch geführt werden 😉
    O.K. ginge am Thema dieses Beitrags so ziemlich vorbei, vielleicht sollte ich einen neuen Post als Vorlage liefern? Ich denke darüber nach,…

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  10. ich habe gerade noch ein paar erschreckende zahlen über apple entdeckt, die sehr eindrücklich illustrieren, wie die arbeitsbedingungen dort sein müssen:

    „Während etwa der Branchengigant Samsung es mit seinen 276.000 Angestellten zuletzt auf einen Jahresumsatz von rund 173 und einen Gewinn von 10,7 Milliarden Dollar brachte, brauchte Apple nur 34.300 Angestellte und einen Umsatz von 43 Milliarden, um sogar 11,7 Milliarden Dollar zu erlösen – der durchschnittliche Apple-Angestellte bringt seinem Unternehmen rund zehnmal soviel Profit ein wie ein Samsung-Arbeiter. Das macht Apple zu einer Geldverdien-Maschine der Sonderklasse und den Konzern zu einer Größe, die offenbar auch die Wettbewerbshüter nicht länger ignorieren wollen. An der Börse aber wird Apple seit langem gehandelt, als ließe sich selbst noch aus dem Kantinenabwasser der Firma Gold gewinnen.“
    quelle spon: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,697681,00.html

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  11. Pingback: Handy Bauteile aus asiatischen Lohndumping-Fabriken - Dein Handyexperte

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