Wir klassifizieren

Projekt42:Wunsch

Projekt 42: Klasse

Rainer ist Klassenbester und hat viele Freunde in seiner Klasse. Martina ist Klassenletzte, bleibt kleben und bekommt im nächsten Schuljahr neue Klassenkameraden. Eduard ruft zum Kampf gegen jene auf, die er als Klassenfeinde klassifiziert hat, während sich Johanna für eine klassenlose Gesellschaft engagiert. Auf einem Rübenacker im tiefsten Sauerland wird das Fußball-Thekenteam Schluckspecht 05 von Traktor  Leckmart mit 12:0 deklassiert.  Architekt Tillmann sucht eine gebildete Klassefrau mit Niveau und meldet sich bei Elite-Singles an, weil dort die akademisch-intellektuelle Oberklasse unter sich bleibt – schließlich gibt es schon genug dumme Unterklassenkinder – und fällt auf eine Heiratsschwindlerin herein.

Patrick fährt Mercedes E-Klasse, Michael liegt halb drunter, weil er im Suff von einem Taxi angefahren wird.  Christian wähnt sich als Upper-Class-Member der new High-Tech-Generation, weil er öffentlichkeitswirksam mit seinem iPhone fernspricht. Helmut hört mit klasse Kopfhörern klassische Musik, dirigiert dabei tänzelnd das aus der Konserve spielende Orchestra, während über den riesigen Bildschirm des tonlos geschalteten Flatscreen-TV erstklassig hochaufgelöst Weltuntergangsszenarien flimmern. Olaf ist Kassenpatient 2.Klasse, kann wegen fehlender Zähne nicht mehr „Klassische Musik“ artikulieren, sagt stattdessen immer „klaschische Muschik“. Jan registriert sich nach langem Zögern nun doch beim Fratzenbuch, um den Anschluß an die Social-Media-Class nicht zu verlieren und legt dort einen hochklassigen Datenstriptease auf’s virtuelle Parkett. Karl fliegt immer erste Klasse, dort kann er seine dünnen Beine langmachen oder sich an der Boardbar kurzweilen und wird nicht durch die Gegenwart miittelmäßiger Economy-Class-Flieger belästigt. Jürgen schaut eine Doku, die sich mit klassisch evolutionärer Klassifikation beschäftigt, wobei die Systematik für das biologische Artenkonzept zugrunde gelegt wird., dabei erfährt er dass in der Klasse Reptilien die Brückenechsen zur 1.Ordnung und die Schuppenkriechtiere zur 2.Ordnung gehören. Um dieses Wissen bereichert, wird er geschuppt in den neuen Tag gehen, morgen soll’s regnen,…

Hinweis: Die im obigen fiktiven Text genannten Namen sind rein zufällig gewählt und haben keinen Bezug zu real existierenden Personen.

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7 Kommentare zu “Wir klassifizieren

  1. Pingback: Zementblog » Projekt 42: Wert

  2. Ich sags mal generell für das, was ich bisher gelesen habe: Du schreibst so geitreich und witzig, und die Wortspiele sind erstklassig, fast nie kalauerig (jedenfalls nicht so, dass ich mir die Hand gegen die Stirn hauen müsste) und so aktuell, dass man ins Grübeln kommt, in was für einer Welt wir eigentlich leben. Mit deinen politischeren Texten hab ich mich nocht nicht so auseinandergesetzt, aber ich sags so, zufrieden bist du mit dem allem (wie ich auch) wohl nicht.
    Hier ist es vor allem die Dichte des Wortfeldes „Klasse“ die mich umgehauen hat.

    Mann, jetzt hast du mir ja doch einen längeren Kommentar aus der metaphorischen Nase gezogen…

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    • Freut mich, dass ich Dir „einen längeren Kommentar aus der metaphorischen Nase“ ziehen konnte 🙂 So konnte ich ein Kompliment absahnen, wodurch ich ein kleines Stück gewachsen bin 😉
      Aber so gut sehe ich mich selbst nicht. Das Bloggen ist eine tolle Möglichkeit so etwas wie einen eigenen Schreibstil zu entwickeln. Hier schreibt es sich unbeschwert, man muss keinem Verleger gefallen, hat keinen Druck, kommuniziert stattdessen mit den eigenen Lesern, deren konstruktive Kritik ich als Bereicherung empfinde und deren Lob mich erröten lässt. (Bin halt schüchtern) .
      Ist meine Bildsprache nicht ziemlich schräg? Manchmal übertreibe ich die Metaphern bis ins Absurde. Naja, meine Kurzgeschichten sind ja über den Menu-Reiter leicht zu finden, wenn Du Muße hast,…

      Im obigen Artikel habe ich mit dem Wort „Klasse“ gespielt. Als Selbstkritik würde ich dazu noch anmerken, dass einige Sätze etwas zu kompliziert verschachtelt sind, das ist dann beim Lesen etwas holprig, stört den Fluss.

      Das Projekt 42 finde ich jedenfalls interessant. Ein Wort wird vorgegeben. Welche unterschiedlichen Assoziationen dabei herauskommen ist schon erstaunlich. Es sind auch die unterschiedlichen Perspektiven, die die Menschen interessant machen,…

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  3. „Als Selbstkritik würde ich dazu noch anmerken, dass einige Sätze etwas zu kompliziert verschachtelt sind, das ist dann beim Lesen etwas holprig, stört den Fluss. “ Ähem… hast du dich schon durch meine Kurzgeschichten durchgewurschtelt? DIE haben lange und verschachtelte Sätze.

    Selbstkritik ist schon was Feines… Ich sehe mich jedenfalls im Vergleich zu dir als nicht so geitreich, nicht so originell, daher lass das doch mal als Kompliment so stehen! Ich finde deine Bildsprache sehr erfrischend. Schräges gefällt mir generell, Langeweile und Klischees gibt es doch genug, und da ist es doch toll, dass jemand all das Elend so intelligent (ich finde solche Wortspiele intelligent, wenn man darüber ins Grübeln kommt…Humor ist sowieso der beste Angriff) damit umgeht.

    Deine Einstellung zum Bloggen ist toll. Ich schreibe nur Hobbymäßig, und nichts ist besser, als mal ordentlich Honig um den nicht vorhandenen Bart geschmiert zu bekommen. Aber konstruktive Kritik muss auch sein!

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  4. Nochmal Danke, liebe Maike 🙂

    Ja, konstruktive Kritik ist wichtig, sie bereichert, man wächst daran. Wenn Du aber behauptest du seist nicht so geistreich wie ich, stellst Du Dein Licht unter’m Scheffel, natürlich bist Du das, aber mindestens!

    Wenn man das Hobby zum Beruf machen könnte, nennt man das wohl Traumberuf. Schriftsteller und davon leben können, wahrlich ein Traum, scheinbar unerreichbar für mich,…vermutlich habe ich nicht die „Klasse“ um zurück zum Artikelthema zu kommen.

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