„Sozialtouristen“

„Sozialtouristen“ ist es also geworden, das Unwort des Jahres 2013, auserkoren von Sprachwissenschaftlern.  Eine weitere Neusprech-Vokabel die als berittener Wahnsinn durch die Medienlandschaft galoppiert.  Derartige Wortkonstrukte bedeuten oft das Gegenteil dessen, was der halbwegs vernünftige Menschenverstand damit assoziiert.

Als mir zum 1.Mal das Wort „Sozialtouristen“ zu Ohren kam, hatte ich sofort folgendes Bild im Kopf:

Sozialtouristen

Zwei wohlgenährte Sozialtouristen (Bild: Bansky)

Derlei sprachliche Ungetüme pervertieren in meinen Augen die Realität. Mit „Sozialtourist“ soll impliziert werden, dass Zuwanderer die zu uns kommen, ausschließlich von unserem „Sozialstaat“ profitieren und wie Touristen ein entspanntes Leben in der sozialen Hängematte führen wollen. Das haut in die gleiche Kerbe wie „Sozialeinwanderer“, „Armutsflüchtling“, „Hartz4-Ausländer“, „Wirtschaftsflüchtling“ oder auch „Kulturbereicherer“. Der Migrant soll pauschal als Sozialschmarotzer dargestellt werden. Ungeachtet der Tatsache, dass wir, die Bewohner der reichen Industriestaaten, global gesehen die größten Schmarotzer sind.
Was für eine widerwärtige Heuchelei.

9 Kommentare zu “„Sozialtouristen“

  1. Ich empfinde die Bezeichnung ‚Sozialtourist‘ in mehrfacher Weise als bemerkenswert – und es wirft bei mir so einiges an Fragen auf:
    Bin ich denn auch ein Sozialtourist, wenn ich mir das Sozialsystem in z.B. Norwegen ansehe (oder nur wenn ich versuche an diesem zu partizipieren)?
    Gleiche Frage; anderes Land: wie sieht’s mit Bahrain aus? Kann ich da überhaupt Sozialtourist sein?
    Nächste Frage: Wie sieht es überhaupt mit der Sozialtourismus-Branche aus? Gibt es die – wenn ja, wo kann ich Reisen buchen?
    … soll nochmal einer sagen, es gäbe keine dummen Fragen.
    Wie also unschwer zu erkennen ist, gehört das Wort nicht in die deutsche Sprache: 1. weil unpräzise, 2. weil diffamierend, 3. weil undifferenziert und 4. weil ich aus diesen Gründen das Wort ‚Sozialtourismus‘ für ziemlich dämlich halte.

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    • Ja, „Sozialtouristen“ ist ein ziemlich dämliches Wort. Kommt von den gleichen Leuten, welche die „deutsche Leitkultur bis zur letzten Patrone“ verteidigen wollen.
      Bemerkenswert ist auch in diesem Zusammenhang, dass „sozial“ zunehmend mit negativer Konnotation im öffentlichen Raum breitgetreten wird. Wer auf „Sozialleistungen“ angewiesen ist, ist nicht ein Opfer der bestehenden Verhältnisse, sondern wird pauschal als Sozialschmarotzer diskreditiert. „Sozial ist teuer“, „ein Sozialstaat ist ein schwacher Staat.“ Daraus resultierend erscheint auch die unsinnige Wortkombination „sozial Schwache“ plausibel. So schließt sich der Kreis…

      In meinen Augen sind „sozial Schwache“ nicht Menschen, deren finanzielle Möglichkeiten gering sind, wie es im öffentlichen Großsprech heißt, sondern Menschen die sozial Inkompetent sind und das hat nicht das Geringste mit Einkommen zu tun.

      Und hier noch ein Fakteneinlauf für CSUler, Konservative, Rechte und Nazi-Hohlpfosten, Zahlen die Bände sprechen:

      Quelle

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  2. Du bist doch selbst so ein linker Sozialschmarozer. Immer dumme Sprüche und die Hand aufhalten. Selbst zu faul und zu doof um für das eigene Leben aufkommen. Ich kämpfe für den Rückbau des Sozialstaates auf ein Minimum und für Selbstverantwortung.
    Die unfähigsten Leute (siehe Tom) haben natürlich die größte Klappe und wollen irgendwelchen Leuten Geld nachwerfen, das sie anderen wegnehmen möchten. Schluss damit. Umverteilung ist Raub!

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      • Typen, die reden wie „Sozialabbau“ sind oft selbst die größten Sozialschmarotzer. Erst kosten sie den Sozialstaat reichlich aus, dann wollen sie ihn abschaffen. Schwafeln von Eigenverantwortung, sind aber selbst zu blöd um Zigaretten zu holen, fallen dabei hin und verbiegen das 2Euro-Stück.

        Die Umverteilung ist schon seit ewig und 3 Tagen im Gange, von arm nach reich. Das hat nichts mit Sozialstaat zu tun, im Gegenteil es wird durch den Rückbau des Sozialstaates beschleunigt und das ist in der Tat Raub.

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  3. Komisch, wie soll man von arm nach reich umverteilen. Arm hat doch nichts also gibt es auch nichts zum umverteilen. So ein Schwachsinn und absolut unlogisch. Allenfalls wird von denen, die mit mühsamer Arbeit einen bescheidenen Wohlstand erreicht haben, noch kräftig abgemolken. Das nennt sich derzeit kalte Progression. Der Sozialstaat wird in den nächsten Jahren ohnehin zwangsläufig stark reduziert. Aber auch die Reichen werden sich nicht freuen, Zwangsabgaben werden ihnen drohen und mache Unannehmlichkeit. Der Sozialstaat hat seinen Zenit schon überschritten. Die bevorstehenden zwangsläufigen Schuldenschnitte werden alle treffen. Da sich die kleine Elite , die den Schlamassel verursacht hat wird retten wollen, werden diese versuchen alle zahlen zu lassen. Dabei wird man immer von Gerechtigkeit sprechen. Also vergesst die Anfeindungen ihr sitzt im selben Boot.

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    • Ja, „von Arm nach reich umverteilen“ klingt auf dem ersten Blick unlogisch, besser wäre „von unten nach oben“ doch bei genauerer Betrachtung ergibt es doch einen Sinn, wenn man die Definition von Armut berücksichtigt:

      Unter relativer Armut versteht man eine Unterversorgung an materiellen und immateriellen Gütern und eine Beschränkung der Lebenschancen, und zwar im Vergleich zum Wohlstand der jeweiligen Gesellschaft. Wer relativ arm ist, hat deutlich weniger als die meisten anderen. Sein Einkommen reicht in vielen Fällen nicht aus, um ein annehmbares Leben zu führen.
      Quelle: ARMUT.de

      Man spricht also von relativer Armut. Wer z.B. in Deutschland relativ arm ist, dem kann man immer noch etwas wegnehmen, weniger materielle Dinge, dafür aber immaterielle, wie zum Beispiel wertvolle Lebenszeit, die u.a. bei erzwungenen Hungerlohnjobs genommen und verschwendet wird oder Gesundheit und nicht zuletzt auch Würde. Ich weiß zwar nicht, ob es so gemeint war, man könnte es aber so interpretieren.

      Zu einem funktionierenden Sozialstaat gibt es meines Erachtens keine Alternative. Ohne Sozialstaat gibt es gesellschaftliche Verwerfungen. Ghettos und Armenviertel auf der einen Seite und „Gated Communities“ auf der anderen Seite. Das kannst du dir den den Regionen dieser Welt, wo es keinen funktionierenden Sozialstaat gibt beispielhaft ansehen. Das ist der Nährboden für Hass, Gewalt, Rassismus und (Bürger)Kriege.

      Und ja, unser Steuersystem ist stark verbesserungswürdig, aber Leute, die von der sogenannten kalten Progression betroffen sind, haben in der Regel immer noch ein Nettoeinkommen, welches ein auskömmliches Leben ermöglicht, wenn die sich beklagen ist das m.E. jammern auf hohem Niveau.

      Aber das alles ändert nichts daran, dass wir, die Bewohner der reicheren Industriestaaten, die einen globalen Bevölkerungsanteil von etwa 20% ausmachen, aber c.a. 80% der globalen Ressourcen beanspruchen, verdammt noch mal nicht das Recht haben Zuwanderer pauschal als „Sozialtouristen“ zu diskreditieren.

      Hier kann jeder mal checken wie viele Planeten er verbraucht:
      http://www.footprint.at/fileadmin/zf/multimedia/footprint/index.htm

      P.S. Schön, dass du wieder mit deinem ursprünglichen Pseudonym schreibst. Deine Ghostwriter waren durch die Bank Nulpen. Ich hoffe du hast sie alle gefeuert 🙂

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